Patrick Fabian Panetta

If You Know, You Know

Mit der Einzelausstellung If You Know, You Know von Patrick Fabian Panetta (*1977) gibt der Kunstverein Friedrichshafen Einblicke in eine künstlerische Praxis, die sich von strukturellen Fragestellungen, räumlichen oder auch sozialen Situationen ableitet und zu ihrer Form findet. Eine intensive Auseinandersetzung mit der Kunst als System und die Analyse ihrer Bestandteile sind konstante Bezugspunkte in Panettas Arbeit. Die Betrachtungsweise, Kunst als Analogie oder Modell zu verstehen, an dem sich zahlreiche Mechanismen und Gefüge unserer Lebenswirklichkeit beschreiben lassen, führt zu der Konsequenz, die zugrundeliegenden Strukturen von Systemen, also auch die der Kunst, direkt als Arbeitsmaterial zu verwenden.

Dieser Logik folgend ist das Ausgangsmaterial von If You Know, You Know der Kunstverein in seinem physischen und kulturpolitischen Selbstverständnis. Angefangen bei der Umdeutung der Ausstellungsräume und deren architektonischen Eigenheiten und Merkmale, über die Veränderung der Lichtverhältnisse, hin zu Eingriffen in das Corporate Design, wird bildlich gesprochen ein doppelter Boden eingezogen, auf dem die eigentlichen Werke – zwei für Friedrichshafen neu produzierte Videoinstallationen – platziert sind. Formal und inhaltlich beziehen sich die Videos auf das zugrundeliegende Material, nämlich die Architektur sowie die Kernfunktion eines Kunstvereins, Kunst auszustellen. Somit macht Patrick Panetta nicht nur die Konventionen des Ausstellens sichtbar, sondern auch die Konvention und Bedingtheit des Ausgestellten.

Ursprung dieser Überlegungen war die Treppe, welche den unteren Ausstellungsraum mit dem Oberen verbindet. In ihrer Massivität dominiert sie das gesamte Raumgefüge und da es nahezu unmöglich ist, eine Interaktion zwischen der Treppe und den ausgestellten Werken zu verhindern, entschied sich Panetta das Motiv der Treppe in Form von endlos aneinander gereihten Filmsequenzen von Treppenstürzen, zu verwerten. L’esprit de l’escalier (2021) ist eine Allegorie des Scheiterns und ein digitales Abbild der räumlichen Situation zwischen Skulptur und Karikatur.

Auch auf der zweiten Ebene im oberen Stock werden die üblichen Erwartungen an eine Ausstellung nicht erfüllt. Die Situation erinnert eher an ein Wartezimmer. Doch auch hier bekommt der Betrachter ein Video (Mixtape, 2002–2021) zu sehen, das ein Zusammenschnitt von gekürzten Versionen einzelner, für sich stehender Videoarbeiten aus den letzten zwei Jahrzehnten ist. Die meisten der verwendeten Videos sind in Serien angelegt, waren Teile von Installationen, Ausstellungen und Videoscreenings oder sind Fragment gebliebene Versuche bzw. potenzielles Rohmaterial für zukünftige Arbeiten. Die Einzelteile der Ausstellung fügen sich wie Worte in einem endlosen Fließtext. Sie sind mit einem Essay vergleichbar, der sich einem Sachverhalt von vielen Seiten nähert, ohne ihn ganz erfassen zu wollen.

If You Know, You Know.

Text/Kuratorin: Hannah Eckstein