Hoël Duret, Marta Dyachenko, Ben Saint-Maxent & Sophie T. Lvoff

IT MUST BE A STORY PIECED TOGETHER FROM MANY SOURCES

Die meisten von uns kennen das Meer und den See vom Baden oder vom Verweilen am Ufer. In „The Sea Around Us“ (1951) schreibt Rachel Carson: „Wenn man am Rand des Meeres steht und das Auf und Ab der Gezeiten spürt, gewinnt man Erkenntnisse über Dinge, die so ewig sind, wie das irdische Leben nur sein kann.“ Große Wasserflächen haben etwas Faszinierendes an sich, sie vermitteln ein Gefühl der Fremdheit und sind gleichzeitig verbunden mit dem, was war und mit dem, was sein wird.

Ein Ozean muss also eine Geschichte sein, die sich aus vielen Quellen zusammensetzt und ganze Kapitel enthält, deren Einzelheiten wir nur erahnen können. In The Sea around us erzählt Rachel Carson vom wimmelnden Leben in oberen Meeresschichten, von eisigen, schwarzen Tiefen, von gewaltigen Kräften, die sich in Gezeiten und Strömungen ausdrücken, von hohen Bergen und trostlosen Abgründen. Das Frühwerk der amerikanischen Meeresbiologin erzählt die seltsame und spannende Geschichte der Meere – wie sie entstanden sind und wie das Leben auf der Erde aus ihnen hervorging. Denn die Entstehung der Ozeane war für das menschliche Auge nicht sichtbar. Als sie vor zwei Milliarden Jahren entstanden, gab es niemanden, der ihren Beginn dokumentieren konnte. In einer ungewöhnlich lyrischen Sprache beschreibt die Wissenschaftlerin eine Welt unter einer geheimnisvollen Oberfläche – ein Wasser, das sich auch als ein Reich unvorstellbarer Möglichkeiten entfaltet, als ein Prozess, den der Mensch nicht gestalten kann. In der Wanderausstellung IT MUST BE A STORY PIECED TOGETHER FROM MANY SOURCES, die im Februar 2025 zunächst im Kunstverein Friedrichshafen und im Oktober 2025 im Passerelle Centre d’art contemporain in Brest zu sehen sein wird, stellen sich zwei Hafenstädte die Frage, was passiert, wenn künstlerische Praxis den Ort wechselt. Wie arbeiten mehrere international tätige Künstler*innen dialogisch an einem gemeinsamen Thema, und wie entwickelt sich ihre Forschung, wenn unterschiedliche Perspektiven aufeinander treffen? Wie entwickeln sich die daraus resultierenden Werke, die auf vielfältige Weise wachsen und sich entfalten, wenn sie bewegt werden, wenn sie den Ort wechseln und neue Auseinandersetzungen provozieren?

Um diesen Fragen nachzugehen, haben der Kunstverein Friedrichshafen, das Passerelle Centre d’art contemporain und der Kurator Tristan Deschamps vier Künstler*innen eingeladen, sich mit dem Thema des Hafens und Wassers auseinanderzusetzen. Große Wasserflächen haben eine fesselnde Qualität, die ein Gefühl der Andersartigkeit hervorruft und deren Gezeiten uns gleichzeitig mit dem verbindet, was gewesen ist und was sein wird. Eine direkte geophysikalische Verbindung zwischen der Wasserversorgung und den Ozeanen ist ebenso faszinierend: Quellen als Beginn zubegreifen, die aus Berggipfeln oder Tälern entspringen, sich ihren Weg zur Küste bahnen und ins Meer fließen: die Verflechtung aller Dinge. Die Assoziation suggeriert eine Art von Hingabe an etwas Größeres, eine Bereitschaft zur Veränderung – und schließlich die Umwandlung von Süßwasser in Salzwasser.

Hierfür haben der Kunstverein Friedrichshafen, Passerelle Centre d’art contemporain und Kurator Tristan Deschamp zunächst 4 Künstler*innen eingeladen, deren Zusammenarbeit im Folgenden wachsen und sich verändern wird.

Hoël Duret ist ein französischer Künstler, der in Paris lebt. Durets Arbeit verwendet eine Vielzahl von Medien, darunter Video, Skulptur, Installation, Performance und Malerei, und greift digitale Werkzeuge und ihre bereits enttäuschten Utopien auf, wobei er sich weniger auf ihre exponentielle Leistung als auf ihr narratives und ästhetisches Potenzial konzentriert.

Marta Dyachenko studierte Architektur und Bildende Kunst mit dem Schwerpunkt Bildhauerei an der Universität der Künste Berlin. In ihrer künstlerischen Praxis nutzt Dyachenko Modelle als Mittel, um Fiktion und Realität zu verbinden. Oft verbindet sie modellhafte Skulpturen mit Objekten zu einer Installation im Raum. Ob diese spekulativen Landschaften gescheiterte Versuche oder zukünftige Möglichkeiten darstellen, bleibt unklar.

Das Werk von Ben Saint-Maxent ist in erster Linie die sensible Manifestation einer Beziehung zur Welt. Über die Techniken und Medien hinaus, die er verwendet, scheint sein Werk durch seine extreme Verbundenheit mit seiner Zeit, sein Bewusstsein für den sich vollziehenden Zusammenbruch und sein ebenso vitales wie verzweifeltes Verlangen, das, was von der Schönheit übrig geblieben ist, festzuhalten, eine Einheit zu bilden.

Sophie T. Lvoff wurde 1986 in New York geboren. Sie wurde in den USA zwischen New York und New Orleans ausgebildet und zog 2017 endgültig nach Frankreich um. In ihren Arbeiten verwebt sie Fotografien und Texte und ist auch als Kuratorin tätig. Lvoff lebt und arbeitet derzeit mit ihrer Familie in Marseille.

It must be a story pieced together from many sources ist eine Kooperation des Kunstverein Friedrichshafen und CAC Passerelle. Kuratiert von Tristan Deschamps, Loïc Le Gall und Marlene A. Schenk, mit Werken von Hoël Duret, Marta Dyachenko, Ben Saint-Maxent & Sophie T. Lvoff.

Im Rahmen des Fonds PERSPEKTIVE für zeitgenössische Kunst & Architektur des Büros für Bildende Kunst des Institut français Deutschland, gefördert durch das französische Kulturministerium, das Institut français Paris und das Goethe-Institut.